Den ab 01.04.1941 neu errichteten Lehrerbildungsanstalten standen zunächst überwiegend die Gebäude zur Verfügung, in denen die jetzt umbenannten Aufbaulehrgänge untergebracht waren. Diese reichten aber nicht aus, um die nunmehr erheblich höhere Anzahl von Schülern ausbilden zu können. So wurden neue Standorte mit geeigneten Gebäuden gesucht. Einer dieser neuen Standorte sollte ab 1943 Pasewalk werden. Über die Gründe dieser Wahl haben wir leider keine Dokumente gefunden.
Eine Woche nach Ostern, am 03.05.1943, wurden die ersten Schüler der neuen LBA einberufen. Dieses Datum sehen wir als Gründungstag der LBA Pasewalk an. Der Anfang wurde mit 2 Klassen (Zügen) von je 33 Schülern gemacht, Zug 1a und Zug 1b. Als Wohnheim war das Gebäude der ehemaligen Jugendherberge in der Stettiner Straße geplant, das aber noch nicht bezugsfertig ausgerichtet war, so dass die Schüler erst einmal in dem Schulgebäude behelfsmäßig untergebracht wurden, bis sie nach wenigen Wochen in das Wohnheim einziehen konnten. Die einzelnen Stuben hatten unterschiedliche Größen, einzelne waren mit sechs Betten belegt, andere auch mit zehn bis zwölf.
Das Schulgebäude stand in der Baustraße Nr. 30 (damals Horst-Wessel-Str. 30), unmittelbar neben der Marienkirche, einem massiven Gebäude, das 1864 fertiggestellt wurde. Bezeichnet wurde es als »Höhere Stadtschule«, ab 1904 als »Höhere Töchterschule«. In der Weimarer Zeit wurde die Schule in ein Städtisches Lyzeum umgewandelt. Die Inschrift über dem Haupteingang – »Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang« – ist heute übertüncht, aber noch lesbar. Ab 03.05.1943 war es dann das Schulgebäude der LBA, in dem wir nicht nur vormittags zum Unterricht waren, sondern auch nachmittags unsere Hausaufgaben machen konnten.
Am 04.10.1943 wurde eine weitere Klasse mit 35 Schülern gebildet, der Zug 1c. Diese wurde in das laufende Schuljahr eingegliedert, die Schüler mussten den Lehrstoff der vergangenen Monate also nachholen.
Der nächste Jahrgang rückte am 26.04.1944 an. Es wurden 2 neue Klassen mit je etwa 30 bis 32 Schülern gebildet, sie wurden als 4. und 5. Zug bezeichnet.
Ein weiterer Ausbau der LBA war geplant für 1945. Aus etwa 60 Schülern sollten 2 neue Klassen gebildet werden. Die Einberufung der Schüler erfolgte zum 16.04.1945. Zu diesem Zeitpunkt stand die sowjetische Armee nur 40 km entfernt bei Stettin an der Oder. Wie viele Schüler, teils in Begleitung der Eltern, tatsächlich angereist sind, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Einige haben verständlicherweise ihre Söhne auch gleich wieder mit nach Hause genommen.
Am 25.04.1945 wurden die neuen Schüler sowie Schüler des Jahrgangs 1930 aus dem 4. und 5. Zug nach Binz auf Rügen verlegt. Von dort sollten sie auf dem Landweg nach Neustadt in Holstein verlegt werden. Am Abend des 26.04.1945 erhielten wir übrigen Schüler, soweit sie nicht in militärischen Sondereinsatzkommandos waren, den Marschbefehl nach Binz. Zu diesem Zeitpunkt wurde Pasewalk ununterbrochen bombardiert, unser Wohnheim wurde hierbei zerstört, doch die Schule hat den Krieg unversehrt überstanden.
Mit dem Kriegsende war auch die Zeit der LBA Pasewalk vorbei. Die Mitschüler hatten nach dem Kriege unterschiedliche Lebenswege. Wer von uns nach 1945 in Dänemark interniert war, konnte dort im Lager die Oberschule besuchen. Ein Teil der Mitschüler hat später den angestrebten Lehrerberuf ausüben können, zumal in der DDR die Ausbildung von staatlicher Seite gefördert wurde, viele Mitschüler haben in anderen Berufen ihre Erfüllung gefunden.
© W. Selke